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Nachtschicht

Das JHW schläft nie – Ärzte und Pflegepersonal sind für ihre Patienten auch nachts hellwach.

Freitag, kurz vor 21 Uhr in Warendorf. Die Sonne verabschiedet sich langsam in den dämmernden Feierabend. Feierabend? Von wegen: Für eine kleine Belegschaft im Josephs-Hospital beginnt jetzt der Arbeitstag. 30 Mitarbeiter halten im Klinikum auf den Stationen die „Nachtwache“, um für die stationären Patienten da zu sein. Und für alle, die in dieser Nacht noch kommen werden.

Wer am späten Abend die Eingangshalle des Josephs-Hospitals betritt, findet erst einmal eins: Ruhe. Von der wuseligen Atmosphäre, die hier am Tage vorherrscht, keine Spur. Nur ein knalliges Blau durchbricht die entspannte Atmosphäre: Hinter dem beleuchteten Empfangstresen sitzt seit 19:45 Uhr Marie-Therese Gösling. Die 55-Jährige hat von ihren Monitoren aus den Rundumblick über das Gebäude. Fährt zum Beispiel ein Rettungswagen vor, steuert sie die Aufzüge und schließt die automatisierten Türen der Halle auf, in der die Einsatzkräfte ankommen – „weil ja jede Minute zählen kann“, erklärt sie. Die Patienten, die zu später Stunde das Klinikum über den Haupteingang betreten, lotst die Empfangsdame freundlich zum Ziel. In den meisten Fällen führt der Weg in die Zentrale Notaufnahme (ZNA).

Ruhe vor dem (An)sturm: Die diensthabende Assistenzärztin Dr. Eva Rieth entspannt in der ZNA bei einer Tasse Kaffee.

Hier hat Internistin Dr. Eva Rieth gemeinsam mit ihrem chirurgischen Kollegen Andrejus Kriukovas die ärztliche Verantwortung. Zwei Nachtschichten hat die 30-Jährige noch vor sich, um sich dann für eine Woche vom Dienst abzumelden. „Ich finde die Schichten nicht so schlimm, aber es gibt Dinge, die mehr Spaß machen“, gibt die Assistenzärztin mit einem Augenzwinkern zu. Im Grunde genommen müsse man sich dann mehrere Tage vom alltäglichen Leben verabschieden, in der Regel brauche ihr Körper etwa zwei Nächte, bevor sich ihr Biorhythmus auf die späte Arbeitszeit einstelle. „Das Wochenende vor der Nachtschicht versuche ich immer möglichst viel zu schlafen. Und während eines Dienstes trinke ich etwa drei Tassen Kaffee.“ Ein müder Punkt komme dennoch immer wieder mal, „ich habe aber gelernt damit umzugehen“. 

Viel Zeit, um müde zu werden, hat sie ohnehin nicht – zwar kämen nachts weniger Patienten in die ZNA als tagsüber, die Belastung hält sie in einer Nachtschicht aber für höher. Dem Ärzteteam stehen zwei Krankenschwestern zur Seite, darüber hinaus sind jederzeit ein internistischer und chirurgischer Oberarzt im Bereitschaftsdienst zur Stelle. Aber auch ohne die schweren Notfälle sei diese Woche schon sehr viel los gewesen. In 24 Stunden suchen rund 70 bis 120 Patienten die ZNA auf, im gesamten Jahr 2016 sind es bereits 15000. Eine hohe Zahl, die vor allem damit zu erklären ist, dass auch immer öfter Menschen kommen, die aus medizinischer Sicht nicht als Notfall gelten. „Das sind zum Beispiel Patienten, die nachts wegen eines eingewachsenen Zehennagels vorbeikommen.“ Ihre Aufgabe sei dabei herauszufinden, welcher Patient lebensbedrohlich krank ist.

„Heute ist es bis jetzt erstaunlich ruhig“, wundert sich Dr. Rieth. Es ist 23 Uhr. Gemeinsam mit ihrem Kollegen, dem Anästhesisten Dr. Niklas Kohlhase, sitzt sie in einem der Untersuchungsräume, unterhält sich und trinkt einen Kaffee. Den Tag vor der Nachtschicht lobt sie aber zu Recht nicht – bis zu ihrem Dienstschluss um 8:15 Uhr werden noch 14 Patienten die ZNA ansteuern. Auch wenn Assistenz­arzt Dr. Kohlhase von den meisten Fällen nichts mitbekommen wird, hat es auch seine Nachtschicht in sich: „Ich habe heute Morgen um 8 Uhr mit meinem 24-Stunden-Dienst begonnen. In der Regel kann ich mich aber ab Mitternacht hinlegen, auch wenn ich dabei eher ruhe und weniger schlafe.“ Insgesamt findet er die Atmosphäre einer Nachtschicht angenehm. Das Arbeiten im Team sei entspannter, Stressfaktoren von außen, wie das Klingeln der Telefone, gäbe es nicht. „Wir arbeiten eigenständiger, es ist aber gut zu wissen, dass man jederzeit den Oberarzt anrufen kann.“ 

Für die Menschen in und um Warendorf ist es beruhigend, dass in der Not die „Nachtwächter“ im Josephs-Hospital für sie da sind. 


 

Meine Nachtschicht

Krankenschwestern und Krankenpfleger sind die guten Seelen im JHW, betreuen Patienten auf den Stationen – und zwar rund um die Uhr. 

Wenige Ruhephasen
Seit 1992 ist Antje Mayer den Exter Krankenschwester im JHW – im Nachtdienst betreut sie an diesem Abend auf ihrer Station 16 Patienten. Ihr 10-Stundendienst ist gefüllt mit regelmäßigen Rundgängen. „Unter anderem lagere ich alle zwei Stunden Patienten, führe Vitalzeichenkontrollen durch, messe den Blutdruck oder wechsle Katheter.“

Routinierter Nachtschichtler
Zwei bis drei Nächte im Monat ist Krankenpfleger Eduard Rot für die Unfallchirurgie-Station zuständig. Von den 33 Betten sind heute Nacht 25 belegt. Zehn davon mit „Sorgenkindern“, wie er die frisch operierten Patienten liebevoll nennt. Für den 50-Jährigen aber kein Problem – seit 31 Jahren arbeitet er im JHW. Erfahrung, die er im Nachtdienst routiniert einsetzt: „Ich teile mir meine Arbeit so ein, wie ich es möchte.“

ZNA fordert
Für Jutta Rose hat die Nachtschicht einen anderen Rhythmus als die Schichten am Tag. "In der ZNA ist nachts meistens viel los, in einem kleineren Team kann man das Tempo aber auch selber besser und eigenständiger steuern." 


 

Voll konzentriert

In der Intensivstation hat Dr. Alexander Holthaus alle Hände voll zu tun. Gemeinsam mit seinem dreiköpfigen Pflegeteam überwacht er den gesundheitlichen Zustand von acht Intensivpatienten – damit ist die Station in dieser Nacht voll ausgelastet. 

„Das Spannende an einer Nachtschicht ist, dass man eigenverantwortlich arbeiten kann.“ Auf Bildschirmen am Tresen blinkt und piept es hin und wieder. Von hier kontrollieren Dr. Holthaus und sein Team die Vitalzeichen der Patienten. 


Ausgabe Nr. 2 | 2016

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Titelgeschichte