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Den Schmerz im Griff!

Die multimodale Schmerztherapie gibt Patientin Annik Grill wieder Lebenskraft.

„Mir geht´s richtig gut!“ Annik Grill hört sich zufrieden an. Dass sie diesen Satz so überzeugt sagen kann, war nicht immer selbstverständlich. Denn die 68-Jährige hatte Schmerzen. Nicht kurzzeitig oder für einige Wochen – sondern mehr als vier Jahrzehnte: ununterbrochen, Tag für Tag. Annik Grill litt unter chronischen Schmerzen, die ihren Alltag bestimmten. Begonnen hatte alles nach einem Arbeitsunfall, damals noch in ihrem Geburtsland Frankreich: „Ich war Krankenschwester  und musste immer schwer heben, bis ich mit 23 Jahren meinen ersten Bandscheibenvorfall hatte.“ Die erste Operation verlief gut, wie die Ärzte ihr bescheinigten. Die Beschwerden aber blieben fortan der Taktgeber ihres Lebens – auch als sie der Liebe wegen vor 30 Jahren nach Ostbevern zog. 

Viele weitere Eingriffe in unterschiedlichen Kliniken folgten, ohne langfristigen Erfolg. Nicht arbeiten, nicht schlafen, nichts mehr mit Freunden und Familie unternehmen. Theater- oder Kinobesuche waren ihr durch die lange Sitzhaltung nicht mehr möglich. Auf Hobbys wie Malen oder Basteln verspürte sie keine Lust. „Ich zog mich immer mehr zurück. Obwohl ich ein fröhlicher Mensch gewesen bin. Die Schmerzen haben mir aber einfach die Kraft geraubt“, beschreibt sie ihre zermürbende Situation. Umso skeptischer war sie, als sie in einem Zeitungsartikel über die multimodale Schmerztherapie im Josephs-Hospital Warendorf las. „Ich hatte Angst, wieder enttäuscht zu werden.“ Es war ihr letzter Strohhalm, nach unzähligen Arztbesuchen und Therapieansätzen, um doch noch von der andauernden Pein befreit zu werden.

Den Schmerzkreislauf verlassen

„Viele unserer Patienten bringen bereits eine lange ‚Schmerzkarriere‘ mit, wenn sie zu uns kommen. Umso wichtiger ist es, den Betroffenen zu sagen, dass es ein langer Weg werden kann. Das Ziel ist nicht Schmerzfreiheit sondern ein besserer Umgang mit dem Schmerz", betont Stephanie Rogge-Wewel. Die Oberärztin für Anästhesie beschäftigt sich mit dem Themenfeld seit mehr als 20 Jahren. Gemeinsam mit ihrer Kollegin, der Psychologin Martina Möllers, entwickelte sie im Josephs-Hospital ein Konzept für die stationäre multimodale Schmerztherapie. Seit 2014 können in Warendorf Behandlungsgruppen mit bis zu acht Patienten durch ein interdisziplinäres Team aus Schmerztherapeuten, Orthopäden, Psychologen, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Sporttherapeuten, Musiktherapeuten und Aromatherapeuten in Einzel- und Gruppentherapie versorgt werden. 

Haben die multimodale Schmerztherapie im Josephs-Hospital etabliert: Oberärztin für Anästhesie Stephanie Rogge-Wewel (links) und Psychologin Martina Möllers

Multimodale Schmerztherapie

Chronischer Schmerz ist ein vielschichtiges Krankheitsbild. Hier setzt die multimodale Schmerztherapie an: Ähnlich wie in einem Baukasten wird die für den Patienten am besten geeignete Kombination aus physikalischen Therapien und psychosozialer Betreuung ausgewählt. Dabei arbeiten verschiedene Berufsgruppen und Schmerzspezialisten im Josephs-Hospital Warendorf abteilungsübergreifend zusammen, zum Beispiel Ärzte, Psychologen oder Physiotherapeuten. Durch den engen Austausch können die einzelnen Therapien noch besser verzahnt und aufeinander abgestimmt werden.

Voraussetzung für eine stationäre Therapie: 

1.  Die Lebens- und Arbeitsfähigkeit ist dauerhaft beeinträchtigt
2. Ein schmerzbedingter operativer Eingriff, eine unimodale Schmerztherapie oder eine Entzugsbehandlung ist bereits fehlgeschlagen
3. Fehlgebrauch von Schmerzmedikamenten
4. Schmerzbedingte psychische Begleiterkrankungen
5. Gravierende körperliche Begleiterkrankungen

Treffen mindestens drei der genannten Punkte auf Sie zu? Dann melden Sie sich bei uns – wir beraten Sie zum weiteren Vorgehen

Vor jeder Aufnahme machen sich die Ärzte von den möglichen Kandidaten ein Bild: zum einen, um die bisherige Krankheitsgeschichte kennenzulernen und daraus Schlüsse zu ziehen. „Am Anfang der Behandlung steht eine umfassende Schmerzanalyse mit einer ausführlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung“, erklärt Rogge-Wewel. Zudem müssen einige Kriterien ausgeschlossen werden, die eine Teilnahme verhindern könnten, ergänzt Psychologin Möllers: „Dazu gehören mangelnde körperliche Leistungsfähigkeit, psychische Störungen, wie zum Beispiel schwere Psychopathologien und Suchterkrankungen.“


„Meine Lebensqualität ist deutlich gestiegen, ich bin beweglicher und nehme wieder teil.“


 

Annik Grill hat gelernt, nicht gegen ihre Schmerzen, sondern mit ihnen zu leben

Mehr Lebensqualität

„Das ganze Konzept hat mir sofort gefallen“, sagt Annik Grill. Ganz besonders, weil es überwiegend auf eine medikamentöse Behandlung verzichtete. „Bevor ich nach Warendorf gekommen bin, habe ich immer stärkere Schmerzmittel genommen. Meine Tage verliefen wie im Nebel.“ Damit ist seit der multimodalen Therapie, die sie Anfang Februar begonnen hatte, Schluss.  Die Behandlung habe ihr dabei geholfen, aktiv gegen den Teufelskreis aus Schmerzen anzukämpfen. Es sei sehr anstrengend gewesen, die Schmerzen waren in den ersten Tagen sogar stärker als vorher. „Zwischen Krankengymnastik, Ergotherapie, Kunsttherapie und Körpertherapie habe ich aber irgendwann gar keine Zeit mehr gehabt, über meinen Schmerz nachzudenken”, so die zweifache Mutter. Auch die psychologische Betreuung habe ihr dabei geholfen, nach dem Klinikaufenthalt weiter an sich zu arbeiten und alte Denk- und Verhaltensmuster aufzubrechen. Mit Erfolg: Ein halbes Jahr nach ihrer stationären Behandlung bestimmen Schmerzen nicht mehr Annik Grills Alltag, sie habe vor allem gelernt, mit ihnen zu leben: „Meine Lebensqualität ist deutlich gestiegen, ich bin beweglicher und nehme wieder teil.“ Es gehe ihr halt wieder gut. Richtig gut.


Ausgabe Nr. 1 | 2015

Themen:
Patientengeschichten

Ihr Kontakt:

Multimodale Schmerztherapie
Sekretariat Anästhesie
Tel.: 02581 20-2233
Fax: 02581 20-2234
anae[at]jhwaf.de

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