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Risiken im Keim ersticken

Hygiene im JHW

19 Millionen Menschen sind 2015 in Deutschland stationär behandelt worden. Das Nationale Referenzzentrum zur Überwachung von Krankenhausinfektionen an der Berliner Charité schätzt, dass sich jährlich 500.000 von ihnen mit Krankenhauskeimen infizieren. Damit sich im Josephs-Hospital das Risiko einer Ansteckung minimiert, betreibt das Warendorfer Krankenhaus einen enormen Aufwand.

„Etwa 30 Prozent der Krankenhaus-Infektionen sind vermeidbar – eine absolute Keimfreiheit ist aber nicht möglich, denn der Mensch ist ein vollkommen verkeimtes Wesen“, erklärt Michael Peeters, der sich zusammen mit seiner Kollegin Ulrike Sock um die Hygiene kümmert. Seit mehr als 33 Jahren sorgt der Fachkrankenpfleger für Krankenhaushygiene dafür, dass es im Josephs-Hospital hygienisch abläuft – und weist bei der Wortwahl gleich mal auf den feinen Unterschied hin: „Sauberkeit ist nicht immer gleich Hygiene und Dreck nicht sofort gleich Unhygiene!“ Hygiene und sterile Verhältnisse im Krankenhaus seien etwas anderes als das, was man im heimischen Umfeld darunter verstehe. Im Krankenhaus ginge es um die Verhütung, Erkennung und Bekämpfung von Infektionen – bei den Patienten genauso wie beim Personal. „Hygiene im Krankenhaus ist erst einmal eine prophylaktische Tätigkeit“, stellt der 60-Jährige klar. 

Es gibt kaum einen Vorgang im Krankenhaus, der nicht mit Hygiene zu tun hat. Die Empfehlung dafür gibt das Robert Koch-Institut, genauer: die dort angesiedelte Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Die Richtlinien sind seit den „Pionierzeiten“ Mitte der 70er Jahre, in denen das Thema Hygiene vom Gesetzgeber auf jede Krankenhaus-Agenda gesetzt wurde, immer weiter verschärft worden: „Seit meiner Anfangszeit ist ein hauseigenes Kompendium aufgebaut worden, in dem nahezu alle hygienischen Prozesse beleuchtet werden. Dieser Hygieneplan wird fortlaufend weiterentwickelt, geändert, geschult und an neueste ­Erkenntnisse angepasst“, unterstreicht Peeters. Aufgaben und Bedingungen seien strenger geworden – der Hygiene-Plan für das Josephs-Hospital ist mittlerweile 350 Seiten stark.

Als Hygienefachkraft schaut Michael Peeters allen Patienten und Mitarbeitern gründlich auf die Finger.

Expertenfragen an Andreas Uekötter

Der Hygiene-Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie arbeitet im Auftrag des MVZ Medizinisches Labor Münster und steht dem Josephs-Hospital rund um alle mikrobiologischen und hygienischen Fragen fachärztlich zur Seite.

Welche Möglichkeiten einer Krankenhaus­­­infektion gibt es?
Erkranken Patienten am ersten oder zweiten Tag in der Klinik, sind das meist mitgebrachte Infektionen. Diese Arten von Infektionen sind nur bedingt bekämpfbar, man kann aber versuchen sie zu minimieren. Ab Tag drei gilt es als Krankenhausinfektion, eine „nosokomiale Infektion“. Das bedeutet aber nicht, dass automatisch das Krankenhaus die Schuld daran trägt. Patienten im Krankenhaus benötigen oft invasive Untersuchungen oder Therapien, zum Beispiel bekommen sie Katheter gelegt oder werden an Beatmungsgeräte angeschlossen. Das alles sind Eintrittsschienen für Erreger in den Körper. So können etwa auch Keime, die auf der Haut des Patienten leben, über einen Katheter in den Körper gelangen und dann eine Krankheit auslösen. Stammen die Bakterien aber aus der Umgebung – werden sie zum Beispiel von einem Patienten­ zum anderen übertragen, sprechen wir von einer exogenen Infektion. Diese Art der Übertragung sollte in Krankenhäusern weitestgehend abgestellt werden.“

Wie hygienisch geht es im Josephs-Hospital zu?
„Ich kenne das Haus seit dem Jahr 2000 und bin seit 2011 als Hygieniker zuständig. Die Kooperation mit den Ärzten und der zuständigen Hygienefachkraft Michael Peeters ist eng. Er macht seine Arbeit sehr gut. Herr Peeters gehört zur ersten Generation von Hygienefachkräften und bringt viel Erfahrung auf dem Feld der Krankenhaushygiene mit. Zum Beispiel wird das wichtige Thema der Händehygiene von ihm gelebt. Daher muss ich im Josephs-Hospital nicht jedem Mitarbeiter auf die Finger schauen.

 

Rundum Hygiene

Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS)
Mit dem Krankenhaus-Infektions-­Surveillance-System (KISS) wurde eine effiziente Struktur zur Erfassung von Krankenhausinfektionen, zur Überwachung von Infektionen und Erregervorkommen und der Qualitätssicherung in Deutschland geschaffen. „Ich fasse systematisch alle Infektionsdaten zusammen, analysiere und bewerte sie in Zusammenarbeit mit dem Krankenhaushygieniker und leite daraus Maßnahmen für die Zukunft ab, um die Infektionsrate in unserem Krankenhaus weiter zu senken“, erklärt Michael Peeters.

Handhygiene
Ein wichtiger Bestandteil der Kranken­haushygiene ist die gründliche Desinfektion der Hände – das gilt nicht nur für Mitarbeiter, sondern auch für Patienten und Besucher. In den Fluren im Josephs-­Hospital sind Spender mit Desinfektionsmitteln aufgestellt, die benutzt werden können. „Das ist schneller, effektiver und weniger schädlich als Händewaschen mit Wasser und Seife“, sagt Peeters. Das Robert-Koch Institut empfiehlt Krankenhausmitarbeitern 80 bis 120 Händedesinfektionen in einer Schicht durchzuführen. „Unser Ziel muss es ein, sich diesem Wert anzunähern“, so die Hygienefachkraft.

Personal-Sensibilisierung und Fortbildungen
Pläne, Audits, Schulungen – jedes Jahr gibt es Hygiene-Pflichtfortbildungen für Mitarbeiter im Josephs-Hospital: „Jeweils mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Mal geht es um die Prozesse in der Verhütung von Infektionen ­­mit multiresistenten Keimen, mal um das Thema Schutzkleidung“, ­so Peeters. Er gäbe rund 30 Schulungen im Jahr, an denen von drei bis 100 Mitarbeiter teilnehmen würden. 

Keime – die kleinen Mitbewohner des Menschen

Sie leben in uns, auf uns, mit uns: Seit es den Menschen gibt, trägt er Bakterien und Viren, Pilze und Parasiten mit sich. Die allermeisten Mikroben sind für den Menschen harmlos. Viele sind sogar nützlich, die wenigsten machen krank.

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Ausgabe Nr. 3 | 2016

Themen:
Titelgeschichte