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„Der Pflegeberuf hat auch schöne Seiten!“

„Der Pflegeberuf hat auch schöne Seiten!“

Die Pflege ist für sie Beruf und Berufung: Seit 2016 fungiert Sigrid Krause als Pflegedirektorin im Josephs-Hospital. Wir wollten von der „Pflegechefin“ wissen, mit welchen Maßnahmen die Pflegekräfte im JHW entlastet werden – und was sie von einer Interessenvertretung für die Branche hält.

Frau Krause, Sie blicken auf mehr als 20 Jahre Erfahrung im Pflegedienst – und haben vom Praktikum bis zur Pflegedirektion ganz unterschiedliche Stationen kennengelernt. Was reizt Sie an diesem Berufsfeld?
❱ Sigrid Krause: Der Pflegeberuf hat so viel zu bieten wie kaum ein anderer Beruf. Allein die Versorgungsbereiche unterscheiden sich sehr voneinander, also die Versorgung von Kindern, Erwachsenen oder älteren Menschen. Es besteht eine wirklich große Auswahl an attraktiven Spezialisierungen. Wir müssen viel geben, bekom- men aber auch viel zurück. Wir unterstützen Patienten mit unserer fachlichen Kompetenz – und spüren häufig dafür im Gegenzug ihre Dankbarkeit und Wertschätzung. Das ist ein tolles Gefühl!

Im Pflegedienst des Josephs-Hospitals arbeiten etwa 300 Beschäftigte. Wie beurteilen Sie die Stimmung in der Belegschaft?
❱ In den vergangenen 15 Jahren haben der ökonomische Druck und die gestiegenen Fallzahlen im DRG-System die Leistungs- dichte im Pflegedienst massiv erhöht. Mit dem Strategieplan, den wir seit 2015 umsetzen, konnten wir unsere Pflegekräfte spürbar entlasten. Dank verschiedener Maßnahmen finden sie wieder mehr Zeit für die Patienten. Dadurch wird auch die Stimmung in der Belegschaft besser.

Können Sie unseren Leserinnen und Lesern erklären, um was für Maßnahmen es sich dabei handelt?
❱ Der richtige Mix ist natürlich wichtig, um die wertvollen Personal- ressourcen in der Pflege genau richtig einsetzen zu können, um bestmögliche Pflegequalität sicherzustellen. Wir haben neue Berufsgruppen geschaffen, um die Pflegekräfte zu unterstützen. Stationssekretärinnen greifen unseren Pflegekräften bei adminis- trativen Aufgaben unter die Arme. Mitarbeiter im Hol- und Bringdienst begleiten Patienten zu verschiedenen Untersuchungen, und die Aufbereitung der Betten, nachdem die Patienten entlassen wurden, erfolgt durch die Mitarbeiter der Bettenzentrale. Versor- gungsassistenten kümmern sich um die Bestellung notwendiger Arznei- und Hilfsmittel und sortieren diese nach Lieferung in die Schränke der jeweiligen Stationen.

Entlastung erfahren sollen die Pflegekräfte in Deutschland auch durch das neue Gesetz für Pflegepersonaluntergrenzen, das ab dem 01.01.2019 gültig sein wird. Was hat es damit auf sich?
❱ Das Gesetz schreibt verpflichtende Untergrenzen für Pflege- personal in besonders pflegesensitiven Abteilungen vor. Die Untergrenzen werden dabei als maximale Anzahl von Patienten pro Pflegekraft festgelegt. Unterschreitet eine Klinik die Personal- untergrenzen ohne Grund, muss sie mit Sanktionen rechnen. Das Gesetz zielt auf eine Verbesserung der pflegerischen Versorgung in der Kranken- und Altenpflege ab.

Was bedeutet dieses Gesetz für das Josephs-Hospital?
❱ Die Pflege steht im Fokus der Gesundheitspolitik. Die Pflegeperso- nalausstattung und die Patientensicherheit sollen durch diese neue Regelung verbessert werden. Die Vorgaben des Gesetzes erfüllen wir bereits, allerdings werden wir Verschiebungen der Arbeits- zeiten vornehmen müssen, um alle Vorgaben einzuhalten.

Viele Kliniken haben Probleme, ihre freien Stellen zu besetzen. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
❱ Der Arbeitsalltag für Pflegekräfte verdichtet sich zunehmend, weil sich die Verweildauer von Patienten verkürzt. Mit dieser wachsen- den Arbeitsbelastung kommen immer weniger Pflegende zurecht. Ergänzend werden unsere Social-Media-Kanäle zurzeit voll mit negativen Schlagzeilen. Um solche Miss- stände zu beheben und den Pflegeberuf zu stärken, sind auch die Pflegenden selbst gefragt – indem sie auch die positiven Sei- ten des Pflegeberufes wieder mehr in den Fokus stellen und ihre Positionen in der Öffentlichkeit stärken.

Wie gelingt es Pflegekräften, sich mehr Gehör zu verschaffen?
❱ Über eine Interessenvertretung für Pfle- gekräfte, die sich für bessere Arbeitsbedin- gungen einsetzt. In einer repräsentativen Umfrage im Oktober mussten sich 1.500 Pflegekräfte in NRW für eine Pflegekam- mer, einen freiwilligen Pflegering – oder gar keine Interessenvertretung entscheiden. Die Ergebnisse werden voraussichtlich im neuen Jahr vorliegen.

Welche der drei Optionen würden Sie bevorzugen?
❱ Ich hoffe, die Befragten haben sich für eine Pflegekammer entschieden. Eine Pfle- gekammer böte große Chancen, unseren Beruf eigenständig weiterzuentwickeln und über Qualitäts- und Bildungsstandards selbst zu entscheiden. Es ist an der Zeit, die Gestaltung des Pflegeberufs in die Hände derer zu legen, die ihn ausüben. So schaffen wir es, die Rahmenbedingungen in der Pfle- ge zu verbessern – und machen deutlich, wie schön und wichtig unser Beruf ist.


Ausgabe Nr. 4 | 2018

Themen:
Interviews