DEBUG-MODE

Ein eingespieltes Team

Ganzheitliche Versorgung. Pflege von A bis Z. Im Department für Geriatrie des Josephs-Hospitals greifen dazu viele Zahnräder ineinander. Für seine interdisziplinäre Altersmedizin wurde es bereits ausgezeichnet. Dahinter steht ein multiprofessionelles, auf die Geriatrie spezialisiertes Team. Wie gut die verschiedenen Fachbereiche aufeinander abgestimmt sind und warum nicht nur die Patienten davon profitieren, zeigt sich auch am Beispiel Demenz.

Teambesprechung
Im Department für Geriatrie bündeln sich die Expertisen zahlreicher Disziplinen und greifen nahtlos ineinander.

Ziel der disziplinübergreifenden Altersmedizin ist die Wiederherstellung der größtmöglichen Selbstständigkeit nach einer Akuterkrankung oder einem Unfall. Neben der Behandlung des akuten Leidens profitieren betagte Patienten vom ganzheitlichen Ansatz, der geistige, funktionale und soziale Faktoren berücksichtigt. Für die Entwicklung des individuellen Behandlungsplans wird der gesamtgesundheitliche Ist-Zustand bereits bei der (Not-)Aufnahme gescreent. „Auch wenn Menschen nicht aufgrund von Demenz ins Josephs-Hospital kommen, ist sie eine immer häufiger auftretende Begleiterkrankung – nicht nur in der Geriatrie“, weiß Dr. Peter Schürmann, Leiter des Departments. Deswegen erfolgen bei der stationären Aufnahme geriatrischer Patienten standardisierte Kognitions- und Demenztests. „Die meisten Menschen im hohen Alter zeigen hier Auffälligkeiten – auch, ohne dass eine Demenz vorliegt.“

Sind jedoch erste Indizien vorhanden, folgen verschiedene Untersuchungen, um diese zu verifizieren: „Die saubere Unterscheidung zwischen Demenzen, Depressionen und anderen Störungen ist enorm wichtig“, erklärt Dr. Schürmann. Zudem wird täglich auf Delir getestet – ein akut-chronischer Unruhezustand, den Menschen nicht selten im Krankenhaus, z. B. nach einer Operation, entwickeln können. Werden Risikofaktoren festgestellt oder besteht bereits eine Diagnose, sind darüber alle Teammitglieder automatisch informiert und sensibilisiert. Die Demenz-Coaches werden ebenfalls direkt hinzugezogen.

„Uns erwarten viele Patienten mit Demenz und durch den demografischen Wandel werden es immer mehr. Wir müssen die Menschen für dieses Thema sensibilisieren.“  

Olga Harms, Demenz-Coach

Olga Harms, eine von zwei Demenz-Coaches, weiß: „Menschen mit Demenz sind Delir-gefährdeter.“ Wichtige Präventionsmaßnahmen: Orientierungshilfen und ein geregelter Tagesablauf. „Wir sind ein Akutkrankenhaus und können Demenzen nur bedingt therapieren. In erster Linie wollen wir durch Früherkennung das Risiko und die Ursache einer akuten Verwirrtheit im Rahmen einer Demenz mindern bzw. vermeiden.“ Das können Schmerzen sein, die nicht artikuliert werden können, oder ein Infekt, der sich nur durch eine allgemeine Abgeschlagenheit oder einen Rückzug aus dem Alltag zeigt. Denn Menschen mit Demenz haben Schwierigkeiten, Beschwerden zu äußern. Aufgabe der Coaches ist es, stationsübergreifend zu beraten und Personal zu schulen. Alle Behandelnden werden dafür sensibilisiert, Bedürfnisse und Schmerzen frühzeitig zu erkennen, ohne dass diese ausgesprochen werden. Schulungen für Angehörige sind bereits in Planung.

Für die Geriatrie spezialisiert

Die Teambildung der Geriatrie erfolgt bereits im Ausbildungsprozess: Denn auch die anspruchsvolle fünfjährige Fortbildung findet multiprofessionell statt und bereitet Therapeuten, Pflegende und Sozialdienst gemeinsam auf Geriatrie-spezifische Erkrankungen und die besonderen Bedürfnisse der Patienten vor.

Alle unter einem Dach
Im Zuge der Aufnahme werden auch die zuständigen Psychologen, Physio- und Ergotherapeuten über das System angefordert. „Wir führen z. B. den Uhren- oder Geldzähltest durch und bewerten die emotionale Lage des Patienten mithilfe der geriatrischen Depressionsskala“, berichtet Ergotherapeutin Bele Marciniak. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der therapeutischen Begleitung von Alltagsaktivitäten wie z. B. das Waschen und Anziehen. Das Physiotherapie-Team prüft die körperliche Fitness der Patienten – zu Beginn und am Ende des Aufenthaltes – und arbeitet eng mit den anderen Therapeuten und Pflegenden zusammen. Die Expertise der Logopädin Sina Matern wird angefordert, sobald Sprach- oder Schluckstörungen festgestellt werden. Sie begleitet die Patienten daraufhin ebenfalls durch die multiprofessionelle Komplexbehandlung, bei der mindestens zweimal täglich Therapieeinheiten absolviert werden.

Aktivierung und Entschleunigung
Eine weitere Besonderheit der Geriatrie stellt die aktivierend-therapeutische Pflege dar: Das Personal fördert und motiviert die Patienten dahingehend, Alltagssituationen eigenständig zu bewältigen. „Wir übernehmen nicht einfach die Pflege, sondern geben im besten Fall nur Hilfestellung“, erklärt Sabine Bäumker, Stationsleitung der Geriatrie. „Die Menschen tragen Alltagskleidung statt Patientenhemden, verlassen für Mahlzeiten ihr Bett und nehmen diese idealerweise gemeinsam am Tisch ein.“ Diese Aktivierung hat jedes Teammitglied verinnerlicht und erfolgt automatisch – auch durch die behandelnden Ärzte, beispielsweise bei Visiten. Daher ist Zeit ein wesentlicher Faktor auf dieser Station. Oberarzt Stephan Rinschen weiß: „Hier ticken die Uhren langsamer – und das ist gut so.“ Die Patienten benötigen manchmal ein Vielfaches an Zeit für kleinste Aufgaben. Und die wird sich genommen. Das weiß auch Sabine Bäumker zu schätzen: „Wir haben intensiveren Kontakt. Die Patienten erhalten mehr Zeit zur Gesundung als auf anderen Stationen. Es ist ein ruhigeres, entschleunigtes Arbeitsumfeld.“

„Die Kommunikation und die enge Vernetzung zwischen den einzelnen Berufsgruppen wirken sich auch positiv auf die Patienten aus.“

Kristin Wingeyer vom Sozialdienst

Lückenlose Kommunikation
In wöchentlichen Teamkonferenzen wird jeder einzelne Patient der Geriatrie von allen Professionen gemeinsam besprochen und so aus möglichst allen Blickwinkeln betrachtet. Dadurch entsteht bereits früh ein individueller Behandlungspfad mit sehr unterschiedlichen Zielen für die Zeit nach der Entlassung. Tagesaktuelles besprechen Pflegende, Therapeuten und Ärzte in der morgendlichen Frühbesprechung. Um die Informationen nach der Entlassung lückenlos weiterzugeben, werden erbrachte Leistungen, Diagnosen und Fortschritte der Patienten genau dokumentiert. Dafür ist Anja Lammerkamp aus dem Medizincontrolling regelmäßig dabei: „Ich bin für die Fallsteuerung der ärztlichen und therapeutischen Leistungen verantwortlich und leite diese an die zuständigen Krankenkassen weiter.“ Von der engen Verzahnung der Disziplinen profitieren Patienten genau wie die Belegschaft: „Da wir für die Geriatrie ein festes Team bilden und man täglich im Austausch ist, fühlt es sich fast schon familiär an. Wir können uns mehr Zeit für die Menschen nehmen und erfahren viel Dankbarkeit“, erzählt Physiotherapeutin Lara Happe.

„Teamarbeit bedeutet, dass wir gemeinsam dasselbe Ziel verfolgen, jeder seinen wichtigen Teil dazu beiträgt und alle Funktionen gleichwertig sind.“

Dr. Peter Schürmann

 

Ein gutes Gefühl
Zur Aufgabe des geriatrischen Teams gehört zudem die Planung der Weiterversorgung nach dem Klinikaufenthalt. Dafür begleitet Kristin Wingeyer vom Sozialdienst Patienten ab Tag eins: „Zu Beginn erstelle ich ein Pflegeassessment und bewerte alle pflegerelevanten Faktoren: Die Wohn- oder Pflegesituation, den Pflegegrad, den Bedarf an Hilfsmitteln und ambulanter Unterstützung.“ Aus den Teamsitzungen zieht sie sich nötige Informationen zum allgemeinen Zustand und Fortschritt der Patienten: „Die Zusammenarbeit gleicht Zahnrädern, die ineinandergreifen. Die gewonnenen Erkenntnisse kann ich direkt weiterverarbeiten.“ Im engen Austausch mit Angehörigen und Patienten wird alles für die Zeit nach der Entlassung in die Wege geleitet. „Wir errichten ein stabiles Pflegegerüst, mit dem man die Menschen mit gutem Gefühl entlassen kann. So wie man es seinen eigenen Eltern oder sich selbst wünscht, behandelt zu werden. Das ist das Ziel.“


Ausgabe Nr. 1 | 2023

Themen:
Titelgeschichte

Ihr Kontakt:

Department Geriatrie
Tel.: 02581 20-1401
Fax: 02581 20-1302
inn[at]jhwaf.de