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Aus der Welt nach Warendorf

„Ich lebe in einer WG in Warendorf“, erzählt Thao Nguyen in fast akzentfreiem Deutsch. Die Betonung der Wörter sei anders als in ihrer Heimatsprache, sie lerne aber Tag für Tag dazu. Thao ist Auszubildende zur examinierten Pflegefachkraft – und vor einem Jahr aus Vietnam nach Deutschland gekommen.

Die Integrationsbeauftrage Daniela Wefering (Mitte) und die ausländischen Pflege-Azubis Thah Truong, Carine Freeman, Thao Nguyen und Duong Nguyen (v.l.)

Der Fachkräftemangel in der Pflege ist allgegenwärtig und macht auch vor dem Josephs-Hospital nicht halt. Um dem Personalnotstand entgegenzuwirken, setzt die Klinik auf drei Säulen: die langfristige Bindung und Ausbildung eigener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Akquise neuer – auch ausländischer – Kräfte. Thao Nguyen ist 22 Jahre alt und lebt in der wohl internationalsten WG Warendorfs: Die acht Bewohnerinnen und Bewohner kommen aus Vietnam, Pakistan und Togo und haben alle ein Ziel: als examinierte Pflegefachkraft im JHW zu arbeiten. Thao hat ihre Ausbildung am 1. Oktober 2021 begonnen, etwa ein halbes Jahr, nachdem sie in Deutschland ankam. Dazwischen lagen unter anderem 400 Unterrichtsstunden und ein erfolgreich bestandenes Sprachzertifikat der Stufe B2. Bevor ausländische Pflegefachkräfte eine Ausbildung beginnen dürfen, müssen sie nämlich sprachliche Grundvoraussetzungen erfüllen. Das ist aber nicht alles. Auch erforderliche Fachkenntnisse müssen im Zuge einer mündlichen und sprachlichen Prüfung nachgewiesen werden.

Gut angekommen in der neuen Heimat
Thao hat alle Prüfungen erfolgreich gemeistert. Inzwischen steckt die 22-Jährige mitten in der Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft. Sie lernt, die individuelle Situation des Patienten einzuschätzen und zu planen. Die Schritte des Pflegeprozesses orientieren sich dabei an den Problemen, Fähigkeiten und Ressourcen des Pflegebedürftigen. Dazu zählen die Pflegeanamnese, die Körperpflege wie Waschen, Duschen und Toilettengänge und das Wechseln von Verbänden, Wundversorgung, das Messen von Blutdruck, Körpertemperatur, Puls und Atmung sowie die Dokumentation der Arbeitsabläufe. „Ich bin ein sehr fürsorglicher Mensch und freue mich, anderen helfen zu können. Deswegen habe ich mich für einen Beruf in der Pflege entschieden“, erzählt Thao. Den theoretischen und praktischen Unterricht bekommt sie an der Zentralen Akademie für Berufe im Gesundheitswesen in Gütersloh, die praktische Ausbildung absolviert sie im JHW. „Es gefällt mir hier. Die Klinik und die Stadt sind schön familiär, sodass ich mich gut eingewöhnen kann. Auch die Menschen sind nett und für einen da, wenn man Hilfe braucht.“

Einmal in der Woche bekommen die angehenden Pflegekräfte Deutschunterricht von Jochen Munsberg.

Integration durch individuelle Betreuung
Ein fremdes Land, neue Lebensumstände, die vielen bürokratischen Hürden: Die Herausforderungen für die internationalen Nachwuchskräfte sind nicht gerade klein. Das weiß auch Daniela Wefering. Die Integrationsbeauftragte versucht, den Neuankömmlingen den Start so leicht wie möglich zu machen. „Wir setzen auf eine engmaschige Betreuung, um die ausländischen Pflegefachkräfte fachlich und persönlich zu integrieren“, sagt sie. Zusammen mit engagierten Kolleginnen und Kollegen hilft sie den jungen Menschen, die kleinen und großen Probleme des Alltags aus dem Weg zu räumen. „Die Motivation und Lernbereitschaft der Auszubildenden ist enorm hoch“, freut sich Daniela Wefering. Im Herbst bekommen die ausländischen Pflegefachkräfte zusätzliche Verstärkung aus Kolumbien und den Philippinen. „Die positiven Erfahrungen bestärken uns als buntes Krankenhaus“, freut sich die Integrationsbeauftragte. Ziel ist es, die Neuzugänge in naher Zukunft schon als vollwertige Pflegefachkräfte auf den Stationen einzusetzen.

Thao hat weiterhin einmal in der Woche Deutschunterricht, immer mittwochs, immer zwei Stunden. Heute stehen typische Redewendungen auf dem Plan. „Viele Köche verderben den Brei“, sprechen die Schüler dem Lehrer nach und lachen.


Ausgabe Nr. 1 | 2022

Themen:
Sonstige