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Erste Hilfe fürs Herz

Kardiologie

Der Herzstillstand des Fußballers Christian Eriksen hat viele Menschen schockiert – und gezeigt, wie schnelle und beherzte Hilfe Leben retten kann.

Es war ein echter Schockmoment. Millionen Fernsehzuschauern stockte der Atem, als der Fußballspieler Christian Eriksen bei der Europameisterschaft zusammensackte. Einfach so, auf dem Platz, beim Laufen und ohne Fremdeinwirkung. Der dänische Spielmacher hatte einen Herzstillstand erlitten. Insbesondere seinem beherzt eingreifenden Teamkollegen Simon Kjaer hat er es zu verdanken, ohne Folgeschäden überlebt zu haben. Denn der Kapitän der dänischen Nationalmannschaft lief zu Eriksen und begann geistesgegenwärtig sofort mit der Herzdruckmassage. Wenig später eilten Ärzte und Rettungskräfte hinzu und leiteten weitere medizinische Maßnahmen ein. Sie setzten die Wiederbelebung fort, verwendeten einen elektrischen Defibrillator – und brachten das Herz von Christian Eriksen wieder zum Schlagen. Der Fußballstar erlangte sein Bewusstsein zurück, wurde einige Minuten später ins Krankenhaus transportiert und trug keine bleibenden Schäden davon. Inzwischen wurde ihm ein sogenannter implantierbarer Cardioverter-Defibrillator (ICD) eingesetzt: Das kleine Gerät soll den 29-Jährigen vor dem plötzlichen Herztod bewahren, indem es lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen unmittelbar erkennt und zum Beispiel durch Abgabe eines Stromschlages beendet.

Ein Herzstillstand kann alle treffen

Ein Herzstillstand kommt für die Betroffenen aus heiterem Himmel und kann grundsätzlich jeden treffen. Als Ursache steckt fast immer eine Herzerkrankung dahinter. Am häufigsten kommt der plötzliche Herztod bei Menschen im mittleren und höheren Lebensalter vor, die an einer koronaren Herzerkrankung leiden. Hier verengen oder verschließen sich die Herzkranzgefäße durch Blutgerinnsel, Fett- und Kalkablagerungen und es fließt nicht mehr genügend Blut zum Herzmuskel. Herzkranzgefäßverkalkungen sind oft auf einen ungesunden Lebensstil zurückzuführen, weil Risikofaktoren wie fett-, zucker- und salzreiche Ernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht und Rauchen die Gefäße schädigen. Bei jungen Menschen wie Christian Eriksen kommt es nur äußerst selten zum plötzlichen Herztod. Hier können zum Beispiel Herzmuskelerkrankungen wie eine Verdickung des Herzmuskels oder eine Fehlfunktion der kardialen Ionenkanäle die Ursachen sein. Ein verschleppter Infekt mit schwerer Herzmuskelentzündung kann ebenfalls ein Risiko für lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen darstellen.

Warnzeichen für eine akute, lebensbedrohliche Herzerkrankung

Grundsätzlich sollten Betroffene bei den folgenden Warnzeichen einen Arzt aufsuchen bzw. den Notruf wählen.
 

  • Akut auftretende, anhaltende Schmerzen / ein Engegefühl hinter dem Brustbein und auf der linken Brustseite, teilweise mit Ausstrahlung in den linken oder rechten Arm, Rücken, Hals oder Bauch Plötzliches, schnelles Herzrasen
  • Starke oder zunehmende Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit
  • Plötzliche Schwindelanfälle, drohende oder kurze Bewusstlosigkeit
  • Plötzliche Atemnot, Blässe, Übelkeit, kalter Schweiß

Jede Minute zählt

Welche Ursache hinter dem plötzlichen Herztod von Christian Eriksen auch steckt: Der 29-Jährige hat ohne Folgeschäden überlebt, weil er rechtzeitig Erste Hilfe bekam. Er hatte Glück im Unglück – im Gegensatz zu vielen anderen Betroffenen. Dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zufolge sterben in Deutschland jährlich etwa 65.000 Menschen am plötzlichen Herztod. Das entspricht etwa 20 Prozent aller durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachten Todesfälle. Medizinisch gesehen liegt einem plötzlichen Herztod meist ein sogenanntes Kammerflimmern zugrunde. Bei dieser tödlichen Herzrhythmusstörung zuckt das Herz nur noch unkontrolliert und pumpt kein Blut mehr in den Körper. Weil das Gehirn ohne Blut keinen lebenswichtigen Sauerstoff mehr bekommt, verlieren die Betroffenen innerhalb von wenigen Sekunden das Bewusstsein und die Atmung setzt aus. Nach drei bis fünf Minuten beginnen Gehirnzellen abzusterben. Als Faustregel gilt: Mit jeder Minute, die das Herz kein Blut in den Körper befördert, sinkt die Überlebenschance um zehn Prozent. „Umso wichtiger ist es, in entsprechenden Situationen unverzüglich mit Wiederbelebungsmaßnahmen zu beginnen“, sagt Dr. Matthias Grude, Oberarzt in der Kardiologie des Josephs-Hospitals. Gerade das Ereignis bei der Europameisterschaft habe einem vor Augen geführt, wie bedeutend schnelle Erste Hilfe durch Anwesende ist.


Eine sofortige, konstant ausgeführte Herzdruckmassage kann wieder Blut durch den Körper pumpen.

Nichtstun ist das Schlimmste

Simon Kjaer hat genau richtig gehandelt. Als er Christian Eriksen bewusstlos am Boden liegen sah, begann er mit einer sofortigen Herzdruckmassage. „Bei einem plötzlichen Herztod zählt jede Minute. Dank einer Herzdruckmassage kann weiter sauerstoffhaltiges Blut durch den Körper gepumpt werden, damit das Gehirn und die Organe keinen Schaden nehmen", erklärt Dr. Grude. Leider seien die Hemmungen der Ersthelfer häufig zu groß, eine Herzdruckmassage durchzuführen. Sie haben Angst, etwas falsch zu machen – dabei ist Nichtstun das Schlimmste. Gleich nachdem man eine bewusstlose Person vorfindet, sollte man die 112 wählen, um einen Notruf abzusetzen. Anschließend sollte man mit der sofortigen, konstant ausgeführten Herzdruckmassage beginnen: am besten in einer Frequenz von 100 bis 120 Kompressionen pro Minute und ohne Unterbrechung. So lange, bis der Rettungsdienst eintrifft. An einigen öffentlichen Orten, wie z. B. einem Fußballstadion, steht auch ein AED zur Verfügung. Wenn dieser automatische Defibrillator angeschlossen wird und Herzrhythmusstörungen feststellt, kann er Elektroschocks abgeben, die das Herz in den richtigen Takt zurückbringen. Wichtig ist aber, den AED nur zu besorgen, wenn mindestens zwei Helfer vor Ort sind und eine Person weiter die Herzdruckmassage macht, während das Gerät geholt wird. Auch nach der Defibrillation muss die Herzdruckmassage fortgesetzt werden, solange der Patient bewusstlos ist. Der Rettungsdienst übernimmt dann den Patienten, versorgt ihn weiter und bringt ihn ins Krankenhaus.

Damit man einen erneuten Herzstillstand durch Kammerflimmern verhindern kann, wird den Betroffenen im Verlauf ein Defibrillator implantiert – wie im Fall von Christian Eriksen. Das Mini-Elektroschockgerät überwacht den Herzrhythmus und gibt bei Bedarf Elektroschocks ab, um beim Auftreten von lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen das Herz wieder zum Schlagen zu bringen. Auch Dr. Grude und seine Kollegen haben schon vielen Patienten so einen „Defi“ eingesetzt – und ihnen zu einem „zweiten“ Leben verholfen. „Am wichtigsten bei einem Herzstillstand ist und bleibt aber die Erste Hilfe. Je nachdem, wie früh sie geleistet wird, entscheidet sie über die Überlebenschancen – und ob bleibende Schäden davongetragen werden.“

Das Herz
Taktgeber und Motor des Lebens

Tock, tock, tock – Sekunde für Sekunde, Minute für Minute tut unser Herz das, was es am besten kann: Es schlägt. Wir haben uns den leistungsfähigsten Muskel unseres Körpers mal etwas genauer angeschaut.

 

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Ausgabe Nr. 2 | 2021

Themen:
Titelgeschichte

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